3. Sitzung vom 04.11.2014
Niederschrift über die 3. Sitzung des Infoforums Biblis
am Dienstag, dem 04.11.2014, 17.30 Uhr,
im Bürgerzentrum Biblis
Siehe Teilnehmerliste (unten)
Zuhörerinnen und Zuhörer haben die Möglichkeit, am Ende der Sitzungen Fragen zu stellen und Sachbeiträge einzubringen; die Redezeit wird auf drei Minuten je Person und Sitzung begrenzt. (Einstimmig, 11 Stimmen dafür)
Zum künftigen Prozedere schlägt der Vorsitzende vor, zu Beginn der Sitzung offene Punkte aus den zurückliegenden Protokollen zu überprüfen.
Aufgrund des bevorstehenden Erörterungstermins war nicht einzuschätzen, wie groß das Interesse an der Sitzung ist. Aus diesem Grund werden die Tische erst in der nächsten Sitzung aufgestellt.
Der Antrag wird einstimmig angenommen.“(Anlage)
Der Vortrag wurde erst am 03.11.2014 zwischen Herrn Küppers und Herrn Schmitt abgestimmt und konnte daher nicht vorzeitig an die Mitglieder des Gremiums verteilt werden. Die Methodik bei der Festlegung von Freigabewerten basiert auf ausgedachten Szenarien, die in der Regel in der Praxis keine Rollen spielen, da sie im Vorfeld der Freigabe bereits ausgeschlossen würden. Grundsätzlich bestimmt der Pfad mit der höchsten Belastung stets den Freigabewert. Die Gutachter nehmen eigene Proben, messen sie in eigenen Labors und vergleichen sie mit den Messwerten des Betreibers.
Herr Kemmeter, Kraftwerk Biblis, zeigt auf, dass nach geltendem Atomrecht die Eigentümer der Kraftwerke, also E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, nach dem Verursacherprinzip gesetzlich verpflichtet sind, Stilllegung, Rückbau und Entsorgung selbst zu bezahlen. Dafür haben die vier Konzerne laut Atomgesetz finanzielle Rückstellungen gebildet. Ein Mechanismus, den bisher alle Bundesregierungen für ausreichend erachtet haben. Für Schäden an Dritten haftet nach Atomrecht der Inhaber eines Kernkraftwerks, im Fall Biblis also die RWE Power AG mit ihrem gesamten Vermögen.
Bürgermeister
Peter Meister
Marion Müller-Reibenspiess
am Dienstag, dem 04.11.2014, 17.30 Uhr,
im Bürgerzentrum Biblis
Anwesende:
Siehe Teilnehmerliste (unten)
Entschuldigt: - Kreisbeigeordneter Herr Matthias Schimpf- Vertreter der Stadt Worms, Herr Knopp- IHK Darmstadt, Herr Proba- DIE LINKE, Herr Hermann Schaus (MdL)- SPD, Herr Norbert Schmitt (MdL)- Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Frau Ursula Hammann (MdL)- Kreisverwaltung Mainz-Bingen, Herr Thomas Zöller
TOP 1)
Der Vorsitzende eröffnet um 17.35 Uhr die Sitzung. Er stellt fest, dass form- und fristgerecht eingeladen wurde und das Gremium mit 11 anwesenden Mitgliedern beschlussfähig ist.
TOP 2)
Der Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung liegt den Mitgliedern des Gremiums vor. Ergänzend zum Antrag wird zur Diskussion gestellt, dass das Rederecht lediglich zu den auf der Tagesordnung ausgewiesenen Punkten bestehen sollte, um vom Thema abweichende allgemeine Stellungnahmen oder politische Statements zu vermeiden. Außerdem sollte das Rederecht auf drei Minuten pro Person und Sitzung begrenzt werden.
Herr Proba, IHK Darmstadt, lehnt mit schriftlicher Stellungnahme (Anlage) den Änderungsantrag ab, um zu vermeiden, dass das Informationsforum zur Plattform für politischen Schlagabtausch wird.
§ 7, 1. Abs., Satz 4, der Geschäftsordnung wird folgendermaßen geändert:
Zuhörerinnen und Zuhörer haben die Möglichkeit, am Ende der Sitzungen Fragen zu stellen und Sachbeiträge einzubringen; die Redezeit wird auf drei Minuten je Person und Sitzung begrenzt. (Einstimmig, 11 Stimmen dafür)
Fragen zum letzten Protokoll:
Zum künftigen Prozedere schlägt der Vorsitzende vor, zu Beginn der Sitzung offene Punkte aus den zurückliegenden Protokollen zu überprüfen.
Es fehlen die angekündigten Tische für Zuhörer.
Aufgrund des bevorstehenden Erörterungstermins war nicht einzuschätzen, wie groß das Interesse an der Sitzung ist. Aus diesem Grund werden die Tische erst in der nächsten Sitzung aufgestellt.
Der Fachvortrag des Ökoinstituts zur Freimessung und die Antworten auf die an das HMUKLV und RWE gerichteten Fragen wurden nicht zuvor an die Mitglieder des Gremiums verteilt.Die Unterlagen lagen auch nicht der Geschäftsstelle vor, so dass sie nicht verteilt werden konnten. Es wird künftig darauf geachtet, dies organisatorisch besser zu regeln.
Die Antwort zur Frage, ob die Namen der Sachverständigen von TÜV Süd und Nord öffentlich bekanntgegeben werden, steht noch aus.
Die rechtliche Prüfung im Ministerium ist noch nicht abgeschlossen, zumal es sich dabei auch um eine Frage des Persönlichkeitsschutzes handelt. Soweit es keine rechtlichen Hindernisse gibt, werden die Namen der Sachverständigen bereits vor der nächsten Sitzung von der Geschäftsstelle bekanntgegeben. Andernfalls erfolgt eine entsprechende Info, warum dies nicht möglich ist.
Mail von Herrn Dr. Schwarz vom 05.11.2014 zum Beschluss aus der letzten Sitzung: „Die Genehmigungsbehörde ist aufzufordern, darauf zu achten, dass im Rahmen des Rückbaus das Netz der Messstellen nicht verringert wird und sämtliche Messergebnisse online gestellt werden.
Der Antrag wird einstimmig angenommen.“(Anlage)
TOP 3)
Vortrag Ökoinstitut (Anlage)
Der Vortrag wurde erst am 03.11.2014 zwischen Herrn Küppers und Herrn Schmitt abgestimmt und konnte daher nicht vorzeitig an die Mitglieder des Gremiums verteilt werden. Die Methodik bei der Festlegung von Freigabewerten basiert auf ausgedachten Szenarien, die in der Regel in der Praxis keine Rollen spielen, da sie im Vorfeld der Freigabe bereits ausgeschlossen würden. Grundsätzlich bestimmt der Pfad mit der höchsten Belastung stets den Freigabewert. Die Gutachter nehmen eigene Proben, messen sie in eigenen Labors und vergleichen sie mit den Messwerten des Betreibers.
Aus dem Publikum werden keine theoretischen Abhandlungen, sondern Antworten zu Fragen wie „Ab wann werden die Kinder durch den Abriss krank?“ erwartet.
Dazu geben die Schlussfolgerungen Hinweise:-Das Risiko, dass es durch die Freigabe zu schweren gesundheitlichen Schäden kommt, muss unter 1: 1.000.000 bleiben.-Es gibt klare und eindeutige Kriterien, ab wann belastetes Material ins Endlager muss.
Der Vortrag wird im Hinblick auf die aktuelle, im Auftrag des BUND erstellte „Stellungnahme zu Defiziten der Regelungen von Freigaben radioaktiver Stoffe in der Bundesrepublik Deutschland“ von Dr. Neumann in Zweifel gezogen.
Nach Auffassung des Ökoinstituts seien die in der Studie genannten Kriterien bekannt und für die aktuelle Diskussion nicht mehr relevant. Von Ministeriumseite wird zu dieser Frage ergänzend darauf hingewiesen, dass momentan ein neuer wissenschaftlicher Diskurs zu dieser Problematik in Gang ist, der bisher jedoch noch keinen Wiederhall in den gesetzlichen Vorgaben gefunden hat, so dass er aufgrund der aktuellen Rechtslage für das laufende Genehmigungsverfahren nicht entscheidungsrelevant ist.
Fragen aus dem Publikum und Info-Forum:
Zu den grundsätzlich geäußerten Zweifeln an der Freigabe wird mitgeteilt, dass bestimmte Teile, wie z.B. Material aus dem biologischen Schild oder dem Druckbehälter, grundsätzlich nicht freigegeben werden können. Dieses Material wird grundsätzlich für die Endlagerung aufbereitet. Anders sieht es zum Beispiel bei Leckagen und ähnlichem aus, wo die Möglichkeit besteht, die Kontamination durch entsprechende Oberflächenbehandlung zu beseitigen und die Freigabewerte zu erreichen.
Kritik an dem vorgegebenen Freigabeverfahren wird insbesondere deswegen geäußert, weil damit das Recht auf individuelle Risikobeurteilung verloren ginge. Aus diesem Grunde besteht grundsätzlich großes Interesse, was mit dem freigegebenen Material am Ende passiert, bzw. auf welcher Deponie es aufbewahrt wird, damit jeder unmittelbar vor Ort Betroffene die Möglichkeit hat, eine persönliche Risikoabwägung zu treffen. Eine Diskrepanz zwischen dem individuell gefühlten Risiko und einer wissenschaftlich evidenzbasierten Berechnung wird hierbei stets bestehen bleiben.
Auf die Frage, wie mehr als 300 Radionuklide überwacht und kontrolliert werden sollen, wird mitgeteilt, dass im praktischen Alltag beim Rückbau eines Reaktors stets der aktuelle Nuklidvektor maßgeblich ist, um die Nachweisgrenze zu bestimmen. Der Nuklidvektor wird an die aktuellen Gegebenheiten angepasst, d.h. er ändert sich im Laufe der Rückbaumaßnahme, so dass den jeweils zu treffenden Entscheidungen stets aktuelle Werte zugrunde liegen.
Auf verschiedene Fragen zu Chargen, Größe und Zusammensetzung wird zusammenfassend mitgeteilt, dass allein schon aus wirtschaftlichen Gründen von Betreiberseite auf homogene Materialzusammenstellungen geachtet wird. Zu den Chargengrößen gibt es keine einheitliche Antwort. Dies können 100 Liter Stahlfässer, Schüttmulden und sonstige geeignete vom jeweiligen Material abhängige Transportmaterialien sein. Für Material, das freigemessen wurde, gibt es keine Möglichkeit zur Nachverfolgung.
Eine erhöhte Bioaktivität von Nukliden (höheres Krebsrisiko, wie zum Beispiel Plutonium) würde bereits im Vorfeld des Verfahrens bei der Begutachtung des Inhalationspfads auffallen und entsprechend bewertet und eingestuft werden.
Pauschale Aussagen zur Mengenangabe für freigemessenes Material sind nicht möglich. Hier gibt es zu viele anlagen- und betriebsspezifische Unterschiede. Nach den bisherigen Erfahrungen ist davon auszugehen, dass 90 % des Materials freigegeben werden kann und nur 10 % in die Endlagerung muss, so dass man durchschnittlich von einem Verhältnis 10:1 ausgehen kann. In Einzelfällen kann dies abweichen, so dass mehr Material ins Endlager kommt. Beim Rückbau der Anlage in Rheinsberg wurden allein über 100.000 Kubikmeter Sand freigemessen. Hierfür waren mehr als 300.000 einzelne Messungen erforderlich. Das Material wurde in entsprechenden Schüttmulden angeliefert.
TOP 4)
Der Erörterungstermin beginnt am 11.11.2014 in der Pfaffenau-Halle in Biblis. Es liegen über 1.100 Unterschriften bei ca. 50 verschiedenen Einwendungsschreiben vor. Da damit mehr als 300 Personen Einwendungen erhoben haben, hatte die Einladung durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.
Der Termin ist nicht öffentlich. Der Verhandlungsleiter wird jedoch ab 9.30 Uhr auch interessiertes Publikum, das weder Rede- noch Fragerecht hat, zulassen, 200 Plätze stehen zur Verfügung. Die Presse hat freien Zutritt.
Für den Eröffnungsteil werden Ton- und Bildaufnahmen zugelassen. Danach sind nur noch schriftliche Aufzeichnungen möglich. Einen öffentlichen WLAN-Zugang wird es nicht geben. Einwender kann mit Laptop arbeiten.
TOP 5)
Anfragen von Herrn Hoppe, AK.W.ENDE
Beantwortung durch das Ministerium. (Anlage)
Anfrage von Herrn Schmitt MdL
Auf Anfrage von Herrn Schmitt, MdL, wird mitgeteilt, dass einerseits die Meinungsbildung des hessischen Landesregierung noch nicht abgeschlossen ist und daher eine entsprechende Aussage des Ministeriums nicht möglich ist. Grundsätzlich kann die Genehmigungsbehörde jedoch mitteilen, dass der Sicherheitsbericht und die Unterlagen zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Durchführung des Öffentlichkeitsverfahrens geeignet sind.
Anfrage von Frau Pech
Anfrage von Frau Pech. 95 % der Anfragen wurden im Rahmen des Vortrags vom Ökoinstitut beantwortet. Unabhängig davon fügt das Ministerium seine Antwort als Anlage im Protokoll bei.
Anfrage von Herrn Renz. Sicherung der Finanzierung des Rückbaus.
Herr Kemmeter, Kraftwerk Biblis, zeigt auf, dass nach geltendem Atomrecht die Eigentümer der Kraftwerke, also E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, nach dem Verursacherprinzip gesetzlich verpflichtet sind, Stilllegung, Rückbau und Entsorgung selbst zu bezahlen. Dafür haben die vier Konzerne laut Atomgesetz finanzielle Rückstellungen gebildet. Ein Mechanismus, den bisher alle Bundesregierungen für ausreichend erachtet haben. Für Schäden an Dritten haftet nach Atomrecht der Inhaber eines Kernkraftwerks, im Fall Biblis also die RWE Power AG mit ihrem gesamten Vermögen.
Die Deckungsvorsorge muss vor Genehmigung nachgewiesen werden, ebenso deren Aufrechterhaltung während des Betriebs der Anlage. Für Biblis wurde von der zuständigen Behörde eine Deckungsvorsorge in Höhe von 2,5 Milliarden Euro festgesetzt. Diese Summe wird üblicherweise an sich ändernde Bedingungen angepasst. Derzeit wird die Deckungsvorsorge über eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 255 Millionen Euro und die Restsumme über eine Solidarverein-barung der Betreiber bis 2022 gewährleistet. Dies gilt auch für den Rückbau, so dass die finanzielle Vorsorgemaßnahme entsprechend verlängert werden muss.
Herr Renz bittet um Beantwortung seiner Anfrage durch das Ministerium in der nächsten Sitzung, da er kein Vertrauen in die Aussagen des Betreibers hat, der sich wegen Schadensersatzforderungen mit Bund und Land im Rechtsstreit befindet.
Laut Aussage der Behörde zur speziellen Frage der finanziellen Sicherstellung des Rückbaus haben die Länder den Bund zum Tätigwerden aufgefordert, um das Atomrecht entsprechend anzupassen.
Antrag BUND – Einsicht in die Abbauunterlagen / Abbauanträge
Die Angelegenheit wird bis zur nächsten Sitzung aus Zeitgründen vertagt. Außerdem war das Gremium nicht mehr beschlussfähig.
Erdbebensicherheit und Flugzeugabsturz wurde bereits wegen der umfangreichen Tagesordnung und der vielen Anfragen vertagt.
Der Vorsitzende schloss die Sitzung und bedankte sich bei allen Anwesenden.
Sitzungsende: 19.40 Uhr
Felix Kusicka
Bürgermeister
Für das Protokoll:
Manfred Wohlgemuth
Peter Meister
Marion Müller-Reibenspiess
Teilnehmerliste
Name | Organisation / Institution |
Kusicka | Bürgermeister der Gemeinde Biblis |
Bauer | MdL CDU |
Hesser | Beigeordneter Da-Dieburg |
Swirschuk | Ini. Atomkraftausstieg Groß - Gerau |
Astheimer | Landkreis Groß-Gerau |
Carl | BUND Bergstraße |
Dr. Schwarz | MdL DIE LINKE |
Loos | Kreisverwaltung Alzey - Worms |
Smykalla | DGB |
Dr. Jung | Stadt Darmstadt |
Müller | Regionalbauernverband Starkenburg |
Ahlers | Atomerbe Biblis |
Dr. Peinemann | Verband Region Rhein - Neckar |