Zeitungsstapel vor hellem Hintergrund

Versorgung psychisch erkrankter Menschen: Herausforderungen gemeinsam begegnen


Kreis Bergstraße (kb). Wie können psychisch erkrankte Menschen im Kreis Bergstraße möglichst gut versorgt werden? Um diese Frage ging es kürzlich beim Treffen der Steuerungsgruppe Sozialpsychiatrie im Bergsträßer Landratsamt in Heppenheim unter der Leitung der Ersten Kreisbeigeordneten Diana Stolz. Eingeladen waren neben dem Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes, den Akteurinnen und Akteuren aus gemeindepsychiatrischen Einrichtungen, Suchthilfe-Einrichtungen und der Vitos-Klinik, Vertretern des Landeswohlfahrtverbandes, des Kreissozialamtes und Jugendamtes, der EUTB (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) auch niedergelassene Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie im Kreis Bergstraße. Im Rahmen der Steuerungsgruppe Sozialpsychiatrie werden verbindliche Absprachen über die Zusammenarbeit auf struktureller Ebene erfasst, mögliche Bedarfe ermittelt und Lösungswege für eine möglichst gute Versorgung psychisch erkrankter Menschen im Kreis erarbeitet.

Im Rahmen dieser Steuerungsgruppe wurde deutlich, dass neben fehlendem Wohnraum für psychisch erkrankte Menschen auch zunehmend ein Fachkräftemangel die Versorgung dieses Personenkreises erschwert. Dieser betrifft die sozialen Einrichtungen ebenso wie die Vitos-Klinik. Auch die Nachbesetzung psychiatrischer Praxen mit Neurologinnen und Neurologen stellt ein Problem für die psychiatrische Versorgung im Kreis Bergstraße dar und führt zu einer Überlastung der psychiatrischen Institutsambulanzen.

Sowohl die Leistungsanbieter als auch der Landeswohlfahrtsverband berichteten über eine hohe Nachfrage an Plätzen für Betreutes Wohnen. Es gibt Bemühungen des Landeswohlfahrtverbandes, zusätzliche Anbieter zu finden, die den Mehrbedarf abdecken können. Erstmals war auch eine Vertreterin des Internationen Bundes (IB) dabei, der im Kreis Bergstraße ebenfalls Betreutes Wohnen für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung anbietet. Im Neckartal wechselte der Anbieter für die Psycho-Soziale Kontakt- und Beratungsstelle von der Diakonie Eberbach zum SPHV Neckargmünd (SPHV Service gemeinnützige GmbH in Trägerschaft des Sozialpsychiatrischen Hilfsvereins Rhein-Neckar e.V.). Vorgestellt wurde das umfangreiche Leistungsportfolio, das der SPHV auch für Menschen aus dem Kreis Bergstraße vorhält.

Das Diakonische Werk im Kreis Bergstraße bietet nun auch Arbeitgebern die Möglichkeit der Unterstützung - analog zum Integrationsfachdienst für Menschen mit Behinderung, der ebenfalls angeboten wird. Die Einheitliche Ansprechstelle (EEA) für Arbeitgeber zu Inklusion wurde Anfang des Jahres 2022 mit dem Teilhabestärkungsgesetz (§ 185a SGB IX) eingeführt. Ein Mitarbeiter wird aktiv auf Betriebe zugehen und zur Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Einschränkungen informieren, beraten und die Betriebe unterstützen.

Auch die Anbieter aus der Suchthilfe waren erstmals bei der Steuerungsgruppe Sozialpsychiatrie vertreten. Deutlich wurde, dass auch hier ein steigender Bedarf an Beratung bestehen würde. Insbesondere die Fälle von Konsum synthetischer Drogen als auch von Medienabhängigkeit seien in den vergangenen Jahren im Kreis gestiegen. Im Rahmen der Prävention werden vermehrt Beratungsgespräche und Präventionsangebote in Schulen durchgeführt.

Berichtet wurde ebenfalls von der unabhängigen Beschwerdestelle des Kreises Bergstraße, bei der sich Menschen melden können, die mit ihrer psychiatrischen oder psychosozialen Behandlung unzufrieden sind und dieses Anliegen gerne mit einer neutralen Stelle besprechen möchten. Die unabhängige Beschwerdestelle prüft alle Anregungen und Beschwerden. Sie unterstützt bei der Wahrung der Interessen der Betroffenen gegenüber der Einrichtung. Dabei soll gemeinsam auf eine Problemlösung hingewirkt werden. Vertrauenspersonen oder Angehörige können sich auch an die Beschwerdestelle wenden. Die Beschwerdestelle ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Mit der Diakonie Bergstraße und der Caritas Darmstadt haben sich auch die ersten beiden Anbieter für die in Hessen zu implementierende Soziotherapie gefunden. Die Gesundheitsdezernentin des Kreises Diana Stolz hatte sich in den vergangenen Jahren für die Implementierung der Soziotherapie in Hessen eingesetzt. Die Soziotherapie ist eine Pflichtleistung der Krankenkassen, die in Hessen aufgrund fehlender Leistungsvereinbarungen bislang noch nicht verordnet wurde. Analog zu anderen therapeutischen Verordnungen dient sie der Stabilisierung von Klienten und Klientinnen nach Entlassung aus der Psychiatrie und zur Verhinderung erneuter stationärer Aufnahmen. Dr. Jutta Weikel von der Vitos Ambulanz sowie einige niedergelassene Psychiater und Psychiaterinnen haben die entsprechende Verordnungsgenehmigung beantragt. Die Soziotherapie wird über ein Rezept verordnet und soll vermehrte klinische Aufenthalte von Klienten und Klientinnen verhindern.

Auch ein Fazit des Treffens der Steuerungsgruppe Sozialpsychiatrie: Die Kooperation zwischen den Akteurinnen und Akteuren der psychosozialen Versorgung funktioniert im Kreis Bergstraße trotz vieler Herausforderungen sehr gut.