Diverse Menschen in der Bibliothek lernen an einem Holztisch. Im Hintergrund sind volle Bücherregale

Dokumentation Mörlenbach 24.04.2025

Dokumentation Bildungskonferenz Bergstraße

24. April 2025 | Mörlenbach

für Birkenau, Fürth, Gorxheimertal, Lindenfels, Mörlenbach und Rimbach

Unsere Bildungskonferenz ist erfolgreich abgeschlossen. Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr engagiertes Mitwirken, die konstruktiven Beiträge und den offenen Austausch. Ein besonderer Dank gilt auch den Moderatorinnen und Moderatoren, die mit viel Einsatz und Fachkompetenz durch die Veranstaltung geführt haben.

Die Dokumentation der Konferenz finden Sie auf dieser Seite.

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Dokumentation der Workshops

  • Bildung im Grundschulalter - Schule als Lebensraum

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    Name und Alter: Liam Wolff, 9 Jahre

    Familienleben: Er lebt bei seiner Familie, bestehend aus seinen Eltern und seiner 10-jährigen Schwester. Seine Eltern sind berufstätig und haben einen mittleren Bildungsabschluss.

    Schule: Er geht in die 3. Klasse und nimmt am Ganztagsangebot seiner Schule teil.


    Durch die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz an Grundschulen bis 2026 verbringen die Schülerinnen und Schüler mehr Zeit in der Schule. Daher stellt sich die Frage, wie Schule und außer-schulische Lernorte verzahnt werden können, um Schule zu einem Lebensraum weiterzuentwickeln, der den Bedürfnissen der Kinder entspricht.

    Sich in die Persona hineinversetzen

    Beschreiben Sie Liam. Was ist Liam für ein Kind (aufgeschlossen, quirlig, schüchtern)? Was interessiert ihn? Was sind seine Bedürfnisse?

    Liam ist ein Grundschulkind, das eine sehr gut ausgestattete Schule besucht. Die Workshopteilnehmenden beschrieben die Schule als vorbildlich in Bezug auf Angebote, Ausstattung und Vielfalt – ein Ort, der eigentlich schon alles bietet, was sich Kinder im Grundschulalter nur wünschen können. Dennoch wurde deutlich, dass es nicht allein auf die äußeren Bedingungen ankommt.

    Liams Alltag erschien vielen als stark durchgetaktet. Zwar nimmt er an verschiedenen Angeboten teil, doch es fehlte an freiem Entfaltungsraum. Einige Teilnehmende fragten sich, ob Liam überhaupt die Möglichkeit hat, sich täglich neu für ein Angebot im Ganztagsprogramm zu entscheiden, oder ob er sich zu Beginn eines Schul- oder Halbjahres festlegen muss. Die Formulierung „Ich habe mich für xy entschieden“ war Anlass für die Frage, was passiert, wenn ein Kind später merkt, dass ihm ein gewähltes Angebot doch nicht gefällt. Hier zeigt sich die Notwendigkeit flexibler Strukturen, die den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden und ihnen ermöglichen, Interessen zu entdecken und auch wieder zu verwerfen.

    Der Ganztag ist in zwei Module gegliedert – bis 15 Uhr oder bis 17 Uhr. Die Teilnahme an Verpflegung und Betreuung ist jedoch kostenpflichtig. Einige Teilnehmende äußerten Bedenken, dass gerade Kinder, die besonders von einer Ganztagsbetreuung profitieren würden, aufgrund der finanziellen Belastung ausgeschlossen sein könnten. So wurde die Frage aufgeworfen, wie ein chancengerechter Zugang zum Ganztag sichergestellt werden kann.

    Ein weiterer Diskussionspunkt war die Organisation der Hausaufgaben. Einige Workshopteilnehmende fragten sich, wann genau Kinder im Ganztag ihre Hausaufgaben erledigen. Die Vorstellung, dass ein Kind erst um 17 Uhr nach Hause kommt und dann noch mit den Eltern Aufgaben erledigen muss, wurde als überfordernd empfunden. Eine Schulleiterin stellte klar: Hausaufgaben sollen innerhalb der Ganztagszeit erledigt werden – gelingt das nicht, sei nicht das Kind verantwortlich, sondern die Lehrkraft, die den Umfang falsch eingeschätzt habe. An einigen Schulen wurde berichtet, dass Betreuungszeit bereits in den Vormittag verlagert werde, um Raum für Hausaufgaben zu schaffen.

    Auch Freizeit und Erholung kamen zur Sprache: Spielen und gemeinsames Essen in den Pausen seien wichtig, ebenso wie Räume zur Ruhe – wie ein sogenannter „Snoozle-Raum“. Die Gestaltung des Schulhofs oder regelmäßige Ausflüge nach draußen könnten laut Teilnehmenden – speziell mit Blick auf Liams vermutete Schule in Fürth – noch verbessert werden, um den Bedürfnissen der Kinder besser zu entsprechen.

    Es wurde betont, dass Kinder wie Liam soziale Wesen sind: Sie brauchen andere Kinder, organisieren sich in Gruppen, erfinden eigene Spiele – kurz: Sie brauchen Zeit zur freien Verfügung, in der sie sich auch mal „langweilen“ dürfen. Diese Leerlaufmomente sind entscheidend für die Entwicklung von Kreativität und Selbstständigkeit.

    Ein zentraler Punkt war der Aushandlungsprozess zwischen Kindern und Erwachsenen. Kinder sollen nicht vollständig bestimmen, was sie tun, aber auch nicht passiv in ein System eingefügt werden. Ein dialogischer Prozess ist nötig: Erwachsene sollten regelmäßig in Austausch mit den Kindern treten, um herauszufinden, was sie brauchen, was sie interessiert – und wie beides mit dem schulischen Angebot in Einklang gebracht werden kann.

    Schließlich wurde betont, dass Ganztagsangebote verlässlich sein müssen – für beide Seiten. Anbieter*innen müssen darauf vertrauen können, dass Kinder regelmäßig teilnehmen, und Kinder wiederum müssen sicher sein, dass ihre gewählten Angebote dauerhaft bestehen bleiben. Diese Verlässlichkeit ist die Grundlage für eine vertrauensvolle und nachhaltige Gestaltung des Ganztags.

    Bestandsaufnahme des Bildungsangebots

    Welche außerschulischen Lernorte kennen Sie, mit der Liams Schule prinzipiell zusammenarbeiten könnte?

      • Fußballverein
      • Bergtierpark (erreichbar mit dem Schülerticket)
      • GEO Naturpark
      • Falls vorhanden: Schulausflugticket für Ganztag
      • Modellwett in Fürth
      • Skaterpark
      • Ringerverein
      • Freibad
      • Leichtathletikverein
      • Kooperationen mit Förstern inklusive Waldpädagogik
      • Jugend-Musikschule
      • Johanniter
      • Altenheim
      • Behindertenhilfe Bergstraße in Fürth (BHB)
      • Bauernhof
      • Steinbachwiesen
      • Alla-Hopp-Anlage
      • Kloster (in Neckarsteinach/Hirschhorn)/Kirchengemeinden
      • Elternkooperation (häufig schwierig, da keine Aufwandsentschädigung)
      • Soziales Lern-Angebot (zur Vermittlung von Softskills wie Teamfähigkeit, Hilfsbereitschaft, sozialer Umgang) 

    Welche Angebote würden Liams Bedürfnisse entsprechen?

    Um den Bedürfnissen von Kindern wie Liam gerecht zu werden, braucht es Angebote, die sowohl Abwechslung als auch individuelle Entfaltung ermöglichen. So könnten Ferienprogramme mit besonderen Inhalten – beispielsweise ein Projekttag mit einem Rollstuhlsportler – nicht nur für spannende Erlebnisse sorgen, sondern auch wichtige Impulse für soziale Kompetenzen und Perspektivwechsel bieten.

    Ein weiteres Angebot, das sehr gut zu Liam passen würde, ist die Möglichkeit, eigenes Spielzeug mitzubringen. Dies stärkt das Gefühl von Selbstbestimmung und bringt Elemente aus der Lebenswelt der Kinder in den Schulalltag ein.

    Besonders positiv hervorgehoben wurde das Konzept von Lesementorinnen bzw. Leselernhelferinnen, wie es beispielsweise in Birkenau bereits praktiziert wird. Dabei besuchen Seniorinnen und Senioren regelmäßig die Schule und lesen gemeinsam mit einzelnen Kindern. Dieses generationsübergreifende Lernen fördert nicht nur die Lesekompetenz, sondern auch persönliche Bindungen und den sozialen Austausch.

    In diesem Zusammenhang wurde angeregt, Seniorinnen und Senioren noch gezielter als Ressourcen zu gewinnen – nicht nur fürs Lesen, sondern auch für andere Themenbereiche. Viele von ihnen verfügen über zeitliche Kapazitäten und suchen nach sinnstiftenden Tätigkeiten nach dem Berufsleben. Hier liegt ein großes Potenzial für ehrenamtliches Engagement.

    Auch Büchereien wurden als wichtige Lern- und Erlebnisorte genannt. Sie bieten nicht nur Zugang zu Geschichten und Wissen, sondern schaffen auch ruhige Rückzugsorte, die im durchgetakteten Alltag von Kindern wie Liam besonders wertvoll sein können.

    Weiterentwicklung des Bildungsangebots

    Wie sieht Schule als Lebensraum aus, der Kindern gute Bildung ermöglicht?

    Eine Schule, die als Lebensraum funktioniert und Kindern gute Bildung ermöglicht, muss weit mehr sein als ein Ort der Wissensvermittlung. Sie braucht eine Umgebung, in der sich Kinder wohlfühlen, entfalten und individuell gefördert werden können.

    Dazu gehört in erster Linie eine angenehme Lernatmosphäre – beispielsweise durch kleinere Klassen, die den Lautstärkepegel reduzieren und eine bessere Beziehung zwischen Lehrkräften und Schüler*innen ermöglichen. Mehr Schulräume und Zusatzräume, ausgestattet mit kindgerechten Möbeln, schaffen Platz für differenzierte Lern- und Freizeitangebote. Auch größere, modernere Räume tragen dazu bei, dass Kinder sich sicher und wohl fühlen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass mehr finanzielle Mittel notwendig sind, um diese Standards flächendeckend umzusetzen – derzeit profitieren noch zu wenige Schulen von notwendigen Investitionen.

    Für den Ganztag braucht es qualifiziertes Fachpersonal, das gezielt auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen kann. Kinder brauchen freie Zeit, in der sie nicht dauerhaft bespaßt werden, sondern selbst entscheiden dürfen, womit sie sich beschäftigen – ob beim Spielen, Entspannen oder der Entdeckung eigener Interessen. Schule als Lebensraum bedeutet auch, Raum für Selbstbestimmung zu schaffen.

    Darüber hinaus ist die digitale Infrastruktur ein zentrales Thema: Es braucht mehr Computerarbeitsplätze, ein funktionierendes WLAN und ein schnelleres Helpdesk, um technische Probleme rasch zu lösen. Auch für das Kollegium müssen angemessene Arbeitsplätze zur Verfügung stehen – denn wenn 30 Lehrkräfte sich vier Computer teilen müssen, kann weder Unterricht gut vorbereitet noch professionell begleitet werden. In manchen Fällen wurde sogar die Bibliothek als wichtiger empfunden als ein Lehrerzimmer – ein klares Zeichen für die Bedeutung von zugänglichem Wissen und Rückzugsorten für die Kinder.

    Gute Bildung braucht auch faire und offene Lehrkräfte, die präsent und ansprechbar sind – nicht gestresst, sondern zugewandt. Eine zweite Person in der Klasse zur Unterstützung kann viel dazu beitragen, individuelle Förderung möglich zu machen und gleichzeitig die Belastung der Lehrkräfte zu reduzieren.

    Schule als Lebensraum bedeutet letztlich: Räume für Bildung, aber auch für Beziehung, Ruhe und Entfaltung. Orte, an denen Kinder nicht nur lernen, sondern auch Kind sein dürfen.

    Was würde die Zusammenarbeit zwischen Schule und außerschulischen Lernorten und Personen unterstützen?

    Damit die Zusammenarbeit zwischen Schule und außerschulischen Lernorten gelingen kann, braucht es geeignete Rahmenbedingungen, die das Engagement aller Beteiligten fördern und entlasten. Ein zentraler Punkt ist die finanzielle Anerkennung: Eine Aufwandentschädigung für externe Partner kann ein wichtiger Anreiz sein, sich dauerhaft und verlässlich einzubringen.

    Auch mehr Raum – sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn – ist entscheidend. Räumliche Kapazitäten müssen geschaffen oder erweitert werden, damit Kooperationen nicht an Platzmangel scheitern. Gleichzeitig sollten Förderlehrkräfte stärker in den Ganztag eingebunden und ihre Stunden entsprechend aufgestockt werden, um auch hier personelle Ressourcen zu stärken.

    Ein Vorschlag war, innovative Schulen mit einer Prämie für herausragendes Engagement auszuzeichnen. Dadurch könnten besondere Konzepte sichtbar gemacht und gleichzeitig Motivation geschaffen werden, neue Wege zu gehen.

    Ein wichtiger Hebel für nachhaltige Kooperationen liegt im institutionalisierten Erfahrungsaustausch. Die Frage, wie gute Praxis aus einzelnen Schulen in die Breite getragen werden kann, sollte durch gezieltes Netzwerken und regelmäßige Best-Practice-Formate beantwortet werden.

    Darüber hinaus spielt der enge Austausch zwischen Trägern und Schulen eine wichtige Rolle. Wo dieser funktioniert – beispielsweise über engagierte Fördervereine – zeigt sich, dass Ganztagsangebote oft besonders gut gelingen.

    Nicht zuletzt brauchen auch die Schulleitungen und Koordinator*innen der Ganztagsangebote gezielte Entlastung. Nur wenn ihnen ausreichend Zeit und Ressourcen zur Verfügung stehen, können sie Netzwerke aufbauen, pflegen und den Schulentwicklungsprozess aktiv gestalten.

    Quintessenz: Schule als Bildungsraum, der Kindern gute Bildung ermöglicht, bietet Raum …
    • sich zu entwickeln
    • zum Arbeiten für Kinder und Lehrer
    • selbstständig zu werden
    • für freie Zeit und für Programm
    • für Ruhe und zum Toben
    • für eine entspannte und stressfreie Umgebung
    • für Austausch


    Feedbackrunde – Was nehmen sie mit?

    „Ich habe mehr Best-Practice-Beispiele kennengelernt.“

    „Ich nehme mit, dass Seniorinnen und Senioren stärker einbezogen werden sollten.“

    „Ich fand es gut, dass wir uns heute Zeit für den Austausch genommen haben.“

    „Ich wünsche mir, dass der Ganztag künftig vollständig vom Staat finanziert wird.“

    Moderation: Katrin Heuer, Kreis Bergstraße

    Informationen zum Download

  • Bildung in der Jugendphase

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    Name und Alter: Robin Kupfer, 16 Jahre

    Familienleben: Robin lebt bei seinen Eltern. Sein Vater ist ge-lernter Versicherungskaufmann und arbeitet als Gutachter bei einer Versicherung. Seine Mutter hat einen Minijob bei einer Bäckerei.

    Schule: Robin besucht eine Gesamtschule und erwirbt bald seine mittlere Reife. Er könnte danach das Abitur machen, sich eine Ausbildung suchen, sich für ein FSJ melden, ein Jahr work-and-travel machen oder einfach erstmal genießen, frei zu haben.

    In der Jugendphase müssen Jugendliche so einiges bewältigen: Loslösung des Elternhauses, Übergang Schule Beruf, eine eigene Identität entwickeln…
    Wie müsste eine Bildungslandschaft aussehen, die gute Bildung ermöglicht und Jugendliche bei der Bewältigung der Herausforderungen, die das Jugendalter so mit sich bringt, unterstützt?

    Sich in die Persona hineinversetzen

    Versetzen Sie sich in Robin hinein! Was sind typische Herausforderungen in der Jugendphase? Was beschäftigt Robin?

    Die Diskussion ergab, dass Jugendliche heutzutage mit einer Vielzahl von Informationen und Möglichkeiten konfrontiert sind, jedoch oft Schwierigkeiten haben, daraus eine klare Entscheidung abzuleiten. Robin steht beispielhaft für diese Problematik: Obwohl große Ausbildungsbetriebe ein breites Angebot bereitstellen, fällt es ihm schwer, eine Wahl zu treffen. Die Vorstellung von Berufen ist bei vielen Jugendlichen unterentwickelt, und digitale Medien wie das Smartphone dominieren ihre Informationsaufnahme. Während einige Gymnasiasten sich noch nicht aktiv mit ihrer Berufswahl auseinandergesetzt haben, stellt sich für viele andere die Frage, ob ihre Eltern sie ausreichend unterstützen können. 

    Es wurde betont, dass Multiplikatoren eine wichtige Rolle spielen, um Jugendlichen Orientierung zu geben, da nicht jeder auf die Unterstützung seiner Eltern zurückgreifen kann. Die Angst vor dem Nichterfolg bzw. dem Scheitern sollte positiver bewertet werden, da die erste Berufswahl selten endgültig ist, sondern oft über mehrere Stationen hinweg erfolgt. Schulen stehen vor der Herausforderung, berufsorientierende Angebote in ihren Alltag zu integrieren – zeitliche und personelle Ressourcen sind jedoch begrenzt. Flexibilität in Bildungswegen und die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, könnten Jugendlichen mehr Sicherheit geben.

    Bestandsaufnahme des Bildungsangebots
    Nach welchen Angeboten und Formaten wird Robin suchen?

    Bei der Analyse bestehender Angebote wurde festgestellt, dass Robin nach Formaten sucht, die ihm praxisnahe Einblicke in verschiedene Berufsfelder ermöglichen. Besonders interessant sind für ihn moderne und „hippe“ Arbeitsfelder sowie die Möglichkeit, an einer Praktikumswoche teilzunehmen.

    Welche Angebote gibt es bereits?

    Bereits existierende Angebote wie die Berufsorientierungsmesse, die Talent Company, das Bildungswerk oder Kompo7 bieten theoretisch Zugang zu relevanten Informationen. Allerdings zeigte sich, dass viele dieser Angebote nicht die gewünschte Wirkung erzielen – insbesondere die Berufsorientierungsmesse wird als wenig wirksam bewertet. Praktische Konzepte wie Azubi-Mentoren oder die Kooperation zwischen allgemeinbildenden und beruflichen Schulen werden hingegen als sinnvoll erachtet. 

    Wie informiert sich Robin? Wen wird er fragen?

    Die Informationsbeschaffung erfolgt bei Robin über verschiedene Kanäle: Er nutzt Google, wird zum Teil von seinen Eltern informiert und tauscht sich mit seiner Peer-Group aus. Gleichzeitig mangelt es ihm an Motivation, sich aktiv mit den Angeboten auseinanderzusetzen. Die Herausforderung besteht daher darin, die bestehenden Instrumente so zu nutzen, dass sie Jugendliche besser erreichen und praxisnaher gestaltet werden.

    Weiterentwicklung des Bildungsangebots

    Welche Bildungsangebote müsste es geben, die Robin bei der Bewältigung der Jugendphase unterstützt?

    Die Diskussion ergab verschiedene Ansätze zur Weiterentwicklung der Bildungsangebote. Ein zentrales Anliegen ist die bessere Verknüpfung von Theorie und Praxis. Schulen sollten verstärkt Erfahrungswerte vermitteln – beispielsweise durch einzelne Praktikumstage in schulischen Kontexten. Ergänzend könnten Modelle wie die BÜA (Berufsfachschule als Übergang in eine Ausbildung) den Jugendlichen mehr Orientierung bieten. 

    Weitere wichtige Maßnahmen umfassen:

    • Mobilitätsgewährleistung, um den Zugang zu Praktikums- und Ausbildungsangeboten zu erleichtern. 
    • Förderung von Frustrationstoleranz, Teamfähigkeit und Selbstwirksamkeit, um Jugendliche besser auf die berufliche Realität vorzubereiten. 
    • Ein Katalog praxisorientierter Projekte, in dem Jugendliche verschiedene Arbeitsbereiche erkunden können, z. B. durch Schnuppertage bei Großkonzernen, Banken oder im Einzelhandel. 
    • Digitale Bildungskanäle mit korrekten Informationen über soziale Medien wie TikTok und YouTube, um Jugendliche gezielter zu erreichen. 
    Was wünschen Sie sich für Jugendliche wie Robin?

    Um eine Bildungslandschaft zu gestalten, die Jugendlichen wie Robin echte Perspektiven bietet, sollte die operative Ebene gestärkt werden. Unternehmen könnten verstärkt in Schulen präsent sein und junge Menschen direkt ansprechen. Initiativen wie OBit mit Unternehmensworkshops und die OloV-Koordination in der Bergstraße könnten optimiert werden, um mehr Jugendlichen den Zugang zu relevanten Angeboten zu ermöglichen.

    Quintessenz: Ein Bildungsstandort, der gute Bildung für Jugendliche ermöglicht, …

    Ein Bildungsstandort, der Jugendliche erfolgreich begleitet, muss eine Synthese aus Theorie und Praxis schaffen. Er sollte Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen, Unternehmen aktiv in die Schule integrieren und den Jugendlichen die notwendigen Ressourcen und Räume bieten, um ihre Berufswahl fundiert zu treffen.

    Moderation: Jan Fuchs, Kreis Bergstraße

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  • Familie und Beruf

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    Name und Alter: Sabine Röttger, 35 Jahre

    Familienleben: Ihr Sohn geht in die 2. Klasse und hat eine Lese- und Rechtschreibschwäche, ihre Tochter ist ein Vorschulkind. Sie ist mit Christoph verheiratet, der IT-Entwickler ist.

    Ausbildung und Beruf: Sie ist ausgebildete medizinisch-technische Fachangestellte und hat neun Jahre Berufserfahrung.

    Berufstätig zu sein und die Familie unter einen Hut zu bringen, kann viele Herausforderungen bergen: Qualifiziert bleiben trotz Elternzeit, Wiedereinstieg planen, Kinderbetreuung sicherstellen… Wie müsste eine Bildungslandschaft aussehen, die die Bildungsbedürfnisse der Familie unterstützt?

    Sich in die Persona hineinversetzen

    Sabine verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie Berufserfahrung. Ihre Kinderbetreuung ist grundsätzlich gesichert, allerdings nicht lückenlos: Im Krankheitsfall ihres Kindes gibt es keine verlässliche Notfallbetreuung. Zwar bieten Kindergärten und Grundschulen in der Regel eine Notfallbetreuung mit etwa 30 Schließtagen im Jahr, doch stellt sich die Frage, wer diese Tage auffängt – insbesondere bei kurzfristigen Ausfällen. Auch ihr Mann könnte eventuell unterstützend einspringen, jedoch sind hier keine festen Lösungen gegeben.

    Sabine ist gut organisiert und bringt starke Soft Skills mit – Qualitäten, die Arbeitgeber häufig nicht ausreichend anerkennen. Ihre Lebensrealität ist stark geprägt durch die Herausforderung, familiäre Pflichten mit beruflichen Anforderungen zu vereinbaren. Sie fragt sich regelmäßig: "Habe ich die Ressourcen zu arbeiten? Habe ich die Ressourcen für eine Weiterbildung? Wann kann ich arbeiten – und wie viel?"

    Auch Mobilität ist ein Thema: Der ÖPNV spielt eine große Rolle, besonders dann, wenn Kinder individuelle Bedarfe haben. Wenn etwa ein Kind eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) hat, muss auch das schulische Angebot dazu passen. Funktioniert der öffentliche Nahverkehr nicht, wird ein „Mutti-Taxi“ nötig – was Sabine wiederum nur leisten kann, wenn sie nicht voll berufstätig ist.

    Welche Ressourcen hat sie? (Abschluss, Berufserfahrung, Umfang der Kinderbetreuung)

    Sabine bringt eine Reihe wertvoller Ressourcen mit, die ihr den Wiedereinstieg in den Beruf grundsätzlich ermöglichen. Sie verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung sowie über einschlägige Berufserfahrung – ein solides Fundament, auf dem sie aufbauen kann. Darüber hinaus besitzt sie ausgeprägte soziale Kompetenzen und Soft Skills, insbesondere ein hohes Organisationstalent, das sie in ihrem Familienalltag tagtäglich unter Beweis stellt.

    Im privaten Umfeld ist grundsätzlich eine Kinderbetreuung vorhanden, auch wenn diese nicht in allen Zeiten durchgängig abgesichert ist. Diese teilweise Betreuung verschafft ihr gewisse Freiräume, schränkt sie jedoch gleichzeitig in ihrer zeitlichen Planbarkeit ein. Auch ihre Flexibilität ist durch familiäre Verpflichtungen begrenzt – sie muss Job und Familie gut miteinander vereinbaren können.

    Ein weiterer begrenzender Faktor ist ihre Mobilität: Sabine ist nicht in dem Maße mobil, wie es manche Arbeitsstellen voraussetzen würden, was die Auswahl möglicher Tätigkeiten zusätzlich einschränkt. Unterstützung durch ihren Ehemann ist grundsätzlich vorhanden, jedoch nur in begrenztem Umfang – etwa durch vereinzelte Übernahme von Betreuungszeiten oder organisatorische Hilfe.

    Trotz dieser Einschränkungen verfügt Sabine über klare Stärken und Ressourcen, auf die sie bei ihrem beruflichen Wiedereinstieg zurückgreifen kann. Mit der richtigen Unterstützung und passenden Rahmenbedingungen lässt sich darauf erfolgreich aufbauen.

    Was sind typische Herausforderungen in der Lebensphase von Sabine? (Wiedereinstieg, Bewerbung, Stellensuche)

    Sabine steht vor einem möglichen Branchenwechsel und fragt sich, ob beispielsweise Freitagnachmittage abgesichert sind. Gleichzeitig kann sie die Perspektive der Arbeitgeber verstehen, die sich über Ausfälle ärgern. Die Gefahr von Altersarmut – insbesondere im Fall einer Trennung – ist real. Sabine ist wie viele Frauen in einer strukturellen Unsicherheit gefangen.

    Die knappe Personaldecke in vielen Unternehmen bedeutet, dass krankheitsbedingte Ausfälle kaum kompensiert werden können. Das gilt auch für die Kommunen, in denen häufig nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode gedacht wird. Obwohl erste Verbesserungen im Bereich der Erziehungsberufe sichtbar sind, ist hier noch viel Luft nach oben.

    Sabine wird vermutlich über Portale wie Stepstone nach Stellen suchen und dabei KI-gestützte Bewerbungen nutzen. Die Unternehmenskultur, mögliche Fortbildungsfinanzierung durch Arbeitgeber und eventuelle Bindefristen spielen für sie eine entscheidende Rolle. Leider nehmen viele Arbeitgeber wenig Rücksicht auf persönliche Lebensumstände – etwa bei der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen.

    Die Bildungsherkunft spielt auch eine Rolle: Bildung vererbt sich häufig, was Sabines Möglichkeiten zusätzlich beeinflussen kann.

    Bestandsaufnahme des Bildungsangebots

    Nach welchen Angeboten und Formaten wird Sabine suchen?

    Sabine wird sich vermutlich arbeitssuchend melden und sich über Weiterbildungsmöglichkeiten bei der Agentur für Arbeit informieren. Diese bietet nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch Ausstattung, z. B. für digitale Kurse. Wichtig für Sabine sind wohnortnahe Bildungsangebote, die keine langen Pendelzeiten erfordern.

    Ein großer Fokus liegt auf Formaten, die flexibel und familienfreundlich sind. Die Gesundheitsbranche wird als ein mögliches Arbeitsfeld gesehen, aber sie muss dort nicht zwingend bleiben – Pfadabhängigkeit ist kein Muss.

    Welche Angebote gibt es bereits?

    Bereits existierende Angebote umfassen:

    • Beauftragte für Chancengleichheit bei der Agentur für Arbeit
    • Jobportale (z. B. der Agentur für Arbeit, Perplexity)
    • Jobmessen
    • Informationen über IHK, HWK, branchenspezifische Portale, sowie das Rathaus

    Auch Jobs mit wenig Menschenkontakt, festen Zeiten oder Präsenzpflicht sind für Sabine interessant – also Tätigkeiten, die sich gut mit der Kinderbetreuung vereinbaren lassen.

    Wie informiert sich Sabine?

    Sabine nutzt verschiedene Kanäle:

    • Internetrecherche
    • Portale wie Stepstone, Perplexity
    • Kontakte im Bekanntenkreis
    • Institutionen wie IHK und HWK
    • Informationen aus dem Rathaus

    Sie ist offen für neue Berufswege und nicht darauf festgelegt, in der Gesundheitsbranche zu bleiben oder als Sprechstundenhilfe zu arbeiten.

    Weiterentwicklung des Bildungsangebots

    Welche Bildungsangebote wünschen Sie sich für Menschen wie Sabine? Was wäre hilfreich?

    Für Menschen wie Sabine sind Bildungsangebote notwendig, die flexibel, familienfreundlich und kostenfrei sind. Wichtig wären:

    • Zertifizierte Angebote
    • Ausstattung wie ein kostenloser Laptop
    • Lebensveränderndes Coaching, z. B. zur Rollenteilung im Haushalt und zum Umgang mit eigenen Ansprüchen
    • Austausch mit anderen Eltern
    • Netzwerkarbeit (z. B. Elternstammtische in Unternehmen)

    Auch Räume für Netzwerke sollten geschaffen werden – sowohl physisch (z. B. in Kitas) als auch im Unternehmen. Denkbar wären Betreuungsangebote während Weiterbildungen durch Tagesmütter oder Kooperationen mit Kitas.

    Was können Menschen wie Sabine tun, um ihre Ziele zu verwirklichen?

    Zentrale Aspekte:

    • Die Betreuungssituation strategisch planen
    • Auf das eigene psychische Wohlbefinden achten
    • Ein stabiles berufliches und privates Netzwerk aufbauen
    • Offenheit zeigen und Austausch in der Firma suchen
    • Arbeitgeber können helfen, indem sie Räume für Netzwerke schaffen

    Auch Betriebskindergärten – wie sie z. B. bei InfectoPharm existieren – könnten helfen. Solche Modelle sind bisher jedoch die Ausnahme, nicht die Regel.

    Quintessenz: Ein Bildungsstandort, der gute Bildung für Erwachsene mit Kindern ermöglicht, existiert, …

    ... wenn die Kinderbetreuung gesichert und qualitativ hochwertig ist,
    … wenn finanzielle Hilfe durch den Staat erfolgt (z. B. kostenlose Betreuung),
    … wenn Arbeitgeber Unterstützung institutionalisiert haben,
    … wenn junge Eltern auf stabile Netzwerke zurückgreifen können
    … wenn Räume geschaffen werden, in denen solche Netzwerke entstehen können.

    Moderation: Tanja Malko, Kreis Bergstraße

    Informationen zum Download

  • Qualifizierung im Erwerbsleben

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    Name und Alter: Silke Peschke, 42 Jahre

    Familienstand: Sie ist geschieden und hat keine Kinder.

    Ausbildung und Beruf: Silke hat studiert und ist Vertriebsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen.

    Fachkraft werden und Fachkraft bleiben trotz strukturellem Wandel des Arbeitsmarkts. Wie ist die aktuelle Bildungslandschaft aufgestellt, um auf zukünftige Veränderungen des Arbeitsmarktes vorzubereiten?

    Sich in die Persona hineinversetzen

    Versetzen Sie sich in Silke hinein. Was möchte sie in ihrem Leben erreichen? Was sind ihre Ziele?

    Silke strebt nach finanzieller Unabhängigkeit und einer Veränderung in ihrem (Arbeits-)leben. Sie fragt sich, ob sie möglicherweise studien- oder fachfremd arbeitet und ob sie sich beruflich oder persönlich weiterentwickeln möchte. Sie ist auf der Suche nach Sinnhaftigkeit in ihrer beruflichen Tätigkeit und möchte gerne neue Fähigkeiten erlernen und nicht in ihrer jetzigen Situation stagnieren. Sie überlegt, ob sie einen Arbeitgeberwechsel in Betracht ziehen, einen Fachrichtungswechsel anstreben oder sich sogar mit einer Selbstständigkeit auseinandersetzen sollte. In Bezug auf ihre berufliche Zukunft stellt sie sich auch die Frage, ob ihr Arbeitsplatz durch die KI-Entwicklung erhalten bleibt und möchte sich auch in diesem Gebiet weiterbilden.

    Der Transformationsprozess des Arbeitsmarktes wirkt sich auf sie aus, wenngleich sie noch kein genaues Ziel oder Fachgebiet formulieren kann. Ihre finanzielle Situation spielt eine Rolle, ebenso wie das Gefühl, Schritt halten zu müssen, auch angesichts der Konkurrenz durch junge, qualifizierte Fachkräfte, die nachkommen. Sie ist intrinsisch motiviert, sich breiter aufzustellen und vielleicht auch die eigene Karriereleiter noch etwas höher zu steigen und zumindest den eigenen Marktwert zu prüfen. Dafür will sie jedoch ihre derzeitige finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit nicht aufs Spiel setzen. Vielleicht sind ihr auch die richtigen Beratungsquellen noch unbekannt, sie ist jedoch in der Lage sich eigenständig zu informieren und das soziale Umfeld für ihre Fragestellungen einzubinden und ist sich bewusst, dass ihre Bildungslaufbahn nicht abgeschlossen ist, sondern sie das „lebenslange Lernen“ für sich nutzen kann. Sie fragt sich allerdings, wo sie genau beginnen soll und wünscht sich Orientierungshilfe.

    Da sie möglicherweise die Branche wechseln möchte, könnte es sein, dass ihr aktueller Arbeitgeber diesem Wunsch nicht offen gegenübersteht. Ein Vorteil wäre, dass eine Weiterbildung beim derzeitigen Arbeitgeber möglicherweise schnellere Aufstiegschancen ermöglichen könnte, jedoch könnte auch zusätzlicher Druck entstehen. Es stellt sich die Herausforderung, Weiterbildung und aktuelle Arbeit zeitlich miteinander in Einklang zu bringen, was eine zusätzliche „Mehrbelastung“ darstellen würde. Die Chance liegt darin, dass Silke bereit ist, diese Herausforderung anzunehmen und aktiv an ihrer Weiterentwicklung zu arbeiten.

     Bestandsaufnahme des Bildungsangebots

    Nach welchen Angeboten und Formaten wird Silke suchen?

    Silke ist auf der Suche nach Weiterbildungsangeboten, die sich flexibel in ihren Berufsalltag integrieren lassen. Da sie ihre derzeitige Stelle nicht aufgeben möchte, ist ihr besonders wichtig, dass die Formate orts- und zeitunabhängig sind. Virtuelles Lernen, beispielsweise über eine Fernuniversität, oder Seminare an Wochenenden kommen ihr dabei sehr entgegen. In diesem Zusammenhang könnte es für sie auch von Bedeutung sein, dass sie die Weiterbildung zunächst nicht mit ihrem*r Vorgesetzten kommunizieren muss – etwa um ihre Pläne in Ruhe entwickeln zu können.

    Auch Bildungsurlaub stellt für sie eine interessante Möglichkeit dar, um sich gezielt weiterzubilden, ohne ihre beruflichen Verpflichtungen zu vernachlässigen. Abendkurse sind für sie eine realistische Option – langfristig denkt sie aber auch über kompaktere, kürzere Formate nach, die sich besser mit ihrem Alltag vereinbaren lassen.

    Inhaltlich ist Silke offen für viele Themenbereiche. Sie interessiert sich für klassische Kompetenzen wie Präsentationstechniken, EDV-Anwendungen und Inhalte aus dem Bereich Personalmanagement. Auch modernere Themen wie Feel-Good-Management, Diversity-Management oder Teambuilding sprechen sie an, da sie sowohl eine soziale als auch eine strategische Komponente beinhalten. Gleichzeitig zieht sie Qualifizierungen in völlig neuen Bereichen in Betracht, etwa zur Schulbegleiterin oder im Gesundheitsbereich wie Yoga oder Pilates, inklusive einer möglichen Leitungsfunktion in solchen Feldern.

    Insgesamt wünscht sich Silke eine zentrale und leicht zugängliche Anlaufstelle für Bildungsangebote – idealerweise ein sogenannter Bildungspunkt, wie er etwa in Darmstadt existiert. Ein solcher Ort würde es ihr erleichtern, sich zu orientieren, passende Angebote zu finden und konkrete Schritte zu planen.

    Welche Angebote gibt es bereits?

    Für Menschen wie Silke, die sich beruflich und persönlich weiterentwickeln möchten, gibt es bereits eine Vielzahl an Angeboten – allerdings gestaltet sich die Landschaft oft unübersichtlich und komplex. Zu den relevanten Anlaufstellen zählen unter anderem die Deutsche Rentenversicherung, die Caritas sowie die Bundesagentur für Arbeit, die neben Beratungen auch Coaching-Formate anbietet. Insbesondere die Bundesagentur für Arbeit stellt eine wichtige Adresse dar, wenn es um Orientierung und erste Schritte in der beruflichen Neuorientierung geht.

    Ein weiteres hilfreiches Angebot ist der Bildungspunkt in Darmstadt – eine zentrale Anlaufstelle, die verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten gebündelt zugänglich macht. Auch die Volkshochschulen bieten ein breites Spektrum an Kursen, von Sprachen über berufliche Qualifikationen bis hin zu persönlichen Interessen. Für akademische Weiterbildungen, etwa Studiengänge oder sogar Promotionen, stellt der Hochschulkompass eine fundierte Übersicht zur Verfügung.

    Darüber hinaus existieren digitale Datenbanken wie „Meinnow“, die gezielt bei der Suche nach Weiterbildungsformaten unterstützen. Wer sich über Bildungsurlaub informieren möchte, kann auf eine bundesweite Webseite zugreifen, die die jeweiligen gesetzlichen Regelungen und Möglichkeiten übersichtlich auflistet.

    Neben formalen Bildungswegen gibt es auch Plattformen zur beruflichen Vernetzung und Entwicklung, wie etwa „Businesswomen“, die insbesondere Führungskompetenzen stärken und Frauen in leitenden Positionen miteinander vernetzen. Organisationen wie „Frauen für Frauen e.V.“ bieten ebenfalls gezielte Unterstützung und Empowerment-Angebote für Frauen in verschiedenen Lebenslagen.

    Allerdings ist das Feld der Weiterbildungsangebote oft stark differenziert – abhängig davon, ob die Zuständigkeit beim Bund, bei den Ländern oder Kommunen liegt. Diese föderale Struktur führt häufig zu einer hohen Bürokratie, was viele Interessierte – wie auch Silke – eher abschreckt. Gerade die Beantragung von Fördermitteln oder Bildungsurlaub ist oft mit erheblichem Aufwand verbunden. Zudem stellen regionale Grenzen eine Hürde dar: Angebote aus benachbarten Bundesländern sind nicht immer ohne Weiteres zugänglich, was das Thema der Überbrückung relevanter macht.

    Wie informiert sich Silke?

    Silke nutzt vor allem das Internet, um sich über Weiterbildungsmöglichkeiten zu informieren. Dabei stößt sie jedoch schnell auf einige Herausforderungen: Es gibt nicht die eine zentrale Plattform, auf der alle relevanten Informationen gebündelt sind. Vielmehr ist der Markt sehr unübersichtlich, was dazu führt, dass Silke sich häufig das Gefühl hat „vor lauter Wald die Bäume nicht zusehen“ und Schwierigkeiten hat, das passende Angebot zu finden. Um sich gezielt informieren zu können, braucht es technisches Know-how und ein Gespür dafür, welche Plattformen aktuell und seriös sind – beides ist nicht selbstverständlich.

    Ein weiterer Aspekt ist die Zurückhaltung gegenüber offiziellen Stellen wie der Bundesagentur für Arbeit (BA). Da Silke nicht arbeitssuchend ist, empfindet sie die Behörde als weniger passend für ihre Situation. Hinzu kommt die Sorge, dass eine Kontaktaufnahme mit der BA möglicherweise bei ihrem Arbeitgeber bekannt werden könnte – eine Hemmschwelle, die sie davon abhält, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen.

    Silke ist bedacht darauf, keine übereilten Entscheidungen zu treffen – vor allem, wenn es um kostenpflichtige Angebote geht. Sie bindet ihr familiäres Umfeld mit ein, wägt gemeinsam ab und achtet darauf, dass investiertes Geld auch wirklich sinnvoll verwendet wird.

    Eine zusätzliche Unsicherheit entsteht durch die Frage nach der Qualität und Anerkennung von Weiterbildungen. Oft ist unklar, welchen Wert bestimmte Zertifikate tatsächlich haben und ob sich die Investition langfristig auszahlt. Diese Intransparenz erschwert es Silke, eine informierte Entscheidung zu treffen und mit gutem Gefühl in eine Weiterbildung zu starten.

    Weiterentwicklung des Bildungsangebots

    Welche Bildungsangebote sollte es geben, damit Silke ihre Bildungsziele erreicht?

    Damit Silke ihr Bildungsziel erreichen kann, braucht es in erster Linie mehr Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit in der bestehenden Bildungslandschaft. Zwar gibt es bereits zahlreiche Angebote, doch diese sind häufig schwer auffindbar oder nicht ausreichend sichtbar. Es fehlt an einer zentralen, gut strukturierten Plattform, die Informationen bündelt und idealerweise auch telefonisch erreichbar ist; ein sogenannter One-Pager mit allen relevanten Anlaufstellen aus der Region wäre hier besonders hilfreich.

    Ein zentraler Wunsch ist außerdem eine persönliche, konkrete Ansprechperson, die individuell beraten kann und Silke nicht mit allgemeinen oder problemorientierten Empfehlungen abspeist. Stattdessen braucht es Qualifizierungsangebote, die ressourcenorientiert sind und ihre Potenziale in den Blick nehmen – nicht nur Defizite.

    Ein großes Thema ist auch die Erreichbarkeit. Die regionale Infrastruktur spielt dabei eine entscheidende Rolle: Silke wohnt in Birkenau, sodass der öffentliche Nahverkehr sie in der Regel nach Weinheim führt, das in einem anderen Bundesland liegt und sich dementsprechend in Förderungsmöglichkeiten und -angeboten unterscheidet. Diese Problematik zeigt den Bedarf, Bildungsangebote aus der gesamten Region abzubilden. Durch die zum Teil problematische Infrastruktur des öffentlichen Nahverkehrs ist eine einfache Erreichbarkeit nicht immer gewährleistet. Dies verdeutlicht einerseits die Chance von digitalen Bildungsangeboten, die eine  Teilhabe auch unabhängig vom Wohnort ermöglichen und andererseits auch den Bedarf am Ausbau von digitaler Infrastruktur.

    Zusätzlich wäre eine Suchmaschine mit Filterfunktion nach regionalen Angeboten ein großer Mehrwert. Sie sollte einfach zu bedienen sein und gezielt Weiterbildungen, Beratungsstellen sowie Fördermöglichkeiten aus der unmittelbaren Umgebung anzeigen. Denn letztlich liegt das Problem weniger im Fehlen von Angeboten, sondern vielmehr in deren mangelnder Sichtbarkeit, Erreichbarkeit und Finanzierbarkeit.

    Was wünschen Sie sich für Menschen wie Silke?

    Für Silke wünschen sich die Teilnehmenden klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die den Zugang zu Weiterbildung erleichtern. Ein niedrigschwelliges „Weiterbildungskontingent“ – vergleichbar mit einem Bildungsgutschein, aber ohne bürokratische Hürden – wäre ein großer Schritt in Richtung Chancengleichheit. Dieses Recht auf Weiterbildung sollte zusätzlich zum bestehenden Bildungsurlaub gesetzlich verankert sein und allen offenstehen, die sich beruflich oder persönlich weiterentwickeln möchten.

    Ein zentrales Anliegen ist auch die Schaffung einer klaren, gut koordinierten Plattform für Bildungsangebote. Diese müsste bundesweit einheitlich und zentral organisiert sein, um dem föderalen Flickenteppich entgegenzuwirken. Eine zentrale Koordinationsstelle – idealerweise in Form eines Bildungsbüros – könnte dabei nicht nur Informationen bündeln, sondern auch individuelle Beratung bieten. Eine „Notrufnummer für Bildung“ als persönliche Anlaufstelle wäre ein niedrigschwelliger Zugang, der vielen helfen würde, den Einstieg zu finden.

    Damit Silke und andere die Angebote auch wirklich wahrnehmen, braucht es gezieltes, zielgruppenspezifisches Marketing. Bildung sollte nicht nur über offizielle Kanäle kommuniziert werden, sondern auch dort sichtbar sein, wo sich die Menschen im Alltag bewegen – etwa im „Ortsblättchen“, auf Veranstaltungsplattformen wie „my Odenwald“ oder in den sozialen Medien. Eine App mit niedrigschwelligem Zugang, ähnlich wie eBay Kleinanzeigen, wäre ein modernes, leicht zugängliches Instrument, um Bildungsangebote zu entdecken.

    Besonders geschätzt werden digitale Angebote, da sie ortsunabhängig und flexibel nutzbar sind – ein wichtiger Faktor gerade in ländlichen Regionen. Aber auch analoge Formate dürfen nicht fehlen: Bildungsmessen oder kreative Veranstaltungen wie Weiterbildungs-Flohmärkte könnten Bildung wieder sichtbar und erlebbar machen. Der Wunsch lautet eindeutig: Bildung muss zu den Menschen kommen – auf den Marktplatz, ins Dorf, ins Leben.

    Quintessenz: Ein Bildungsstandort, der gute Bildung für Erwachsene im Erwerbsleben ermöglicht, …

    ... vernetzt und zeigt Angebote in simpler Darstellung

    ... hat eine Übersichtsplattform mit Bildungsangeboten

    ... verfügt über die Infrastruktur, die passenden Angebote zu erreichen

    Informationen zum Download

     Moderation:  Nadine Rondeau, INVOLAS

  • Bildung für junge Neuzugewanderte

    Name und Alter: Omar Nouri, 18 Jahre

    Familienstand: Omar kommt aus Afghanistan und hat eine Aufenthaltsgestattung. Er lebt seit drei Monaten im Kreis Bergstraße. Seine Familie wohnt noch in Afghanistan.

    Schule und Ausbildung: Omar hat in Afghanistan auf Baustellen aus-geholfen und als Jugendlicher bei verschiedenen Einzelhändlern gearbeitet. Er hat acht Jahre die Schule besucht und kann sich rudimentär auf Deutsch verständigen.

    Menschen die neu in Deutschland sind, stehen vor vielen Herausforderungen gleichzeitig. Der Spracherwerb alleine ist schwierig, aber das Zurechtfinden im deutschen Bildungs-, Ausbildungs- und Berufssystem stellt für viele die nächste Hürde dar. Wie müsste eine Bildungslandschaft aussehen, die jungen Zugewanderten bei ihrem Neustart optimal unterstützt?

    Sich in die Persona hineinversetzen

    Versetzen Sie sich in Omar hinein! Was interessiert ihn? Was sind typische Herausforderungen in Omars Lebenssituation? Welche Ressourcen bringt er mit?

    Omar ist jung, vor kurzem nach Deutschland gekommen – und steht plötzlich vor einem völlig neuen Leben. Obwohl er unter der Schulpflicht steht, fühlt sich der Einstieg ins deutsche Bildungssystem wie ein Labyrinth an. Er versteht die Sprache nicht, kennt keine Anlaufstellen und ist von der Vielzahl an Anforderungen überfordert. Gleichzeitig belastet ihn der unsichere Aufenthaltsstatus – seine Aufenthaltserlaubnis ist nur befristet, der Familiennachzug ungewiss. Die psychischen Belastungen, möglicherweise durch traumatische Erlebnisse, die Trennung von der Familie und die unklare Zukunft, wiegen schwer.

    Er lebt in einer Unterkunft mit vielen fremden Menschen, was zusätzlichen Stress verursacht. Im Alltag muss er plötzlich Aufgaben übernehmen, die ihm zuvor unbekannt waren – wie Kochen oder Wäsche waschen – und das in einem kulturell ganz anderen Umfeld. Der Druck wächst: Die Familie in Afghanistan hat hohe Erwartungen, gleichzeitig fehlt Omar oft der innere Antrieb, eine Ausbildung zu beginnen – denn ohne ausreichende Sprachkenntnisse scheint dieser Weg ohnehin unerreichbar.

    Hinzu kommen ganz praktische Hürden: Wo findet er einen passenden Sprachkurs? Wie kommt er dorthin, wenn er in einem abgelegenen Ort im Odenwald wohnt? Darf er überhaupt arbeiten – und wenn ja, wie beantragt man eine Arbeitserlaubnis, ohne Angst vor Formularen und Behörden? Vielleicht ist er nicht alphabetisiert oder hat eine Schulbildung, die mit dem deutschen System nicht vergleichbar ist. Selbst wenn er sich bewerben möchte, werden Zertifikate oder anerkannte Abschlüsse verlangt, die er (noch) nicht hat.

    Viele junge Zugewanderte wie Omar verlassen Intensiv- oder InteA-Klassen ohne klare Anschlussperspektive. Anschlussmaßnahmen mit ausreichender Sprachförderung fehlen. Praktika sind oft nicht möglich, weil sie nicht versichert sind – oder sie wissen schlicht nicht, welche Schritte notwendig wären. Auch Eltern können kaum unterstützen, da sie selbst das System nicht kennen oder mit Sprachbarrieren kämpfen.

    Was Omar braucht, ist eine Bildungslandschaft, die niedrigschwellig, verlässlich und transparent ist. Ein System, das nicht nur Angebote bereitstellt, sondern aktiv Orientierung bietet – durch Ansprechpersonen, die begleiten, motivieren und vertrauensvoll helfen. Eine Landschaft, in der Übergänge zwischen Schule, Ausbildung, Sprachförderung und Arbeit so gestaltet sind, dass junge Menschen wie Omar nicht verloren gehen. Und in der Freizeitangebote und soziale Kontakte genauso ernst genommen werden wie formale Bildungswege – weil Zugehörigkeit, Sicherheit und Sprache nicht nur in der Schule gelernt werden, sondern auch im Alltag.

    Bestandsaufnahme des Bildungsangebots

    Nach welchen Angeboten und Formaten wird Omar suchen?

    Omar steht am Anfang seines neuen Lebens in Deutschland – und er weiß: Wenn er hier ankommen und eine Zukunft aufbauen möchte, muss er die Sprache lernen. Deshalb wird er sich zuerst nach passenden Sprachkursen umsehen, idealerweise in seiner Nähe und zu Zeiten, die sich mit seinem Alltag vereinbaren lassen. Ohne Sprachkenntnisse fühlt er sich isoliert und unsicher, also ist der Zugang zu Sprachförderung für ihn essenziell.

    Gleichzeitig sehnt sich Omar nach sozialen Kontakten. Er möchte Anschluss finden, deutsche Freunde kennenlernen und mehr über die Kultur verstehen. Ein Sportverein wäre dafür ideal – dort kann er in einem lockeren Rahmen Gemeinschaft erleben, sich einbringen und gleichzeitig Stress abbauen. Solche Freizeitangebote geben ihm ein Stück Normalität zurück.

    Auch in bürokratischen Fragen sucht Omar Unterstützung: Die Anerkennung seiner bisherigen Schulbildung ist für ihn undurchsichtig, genauso wie viele Behördengänge. Er hofft auf Anlaufstellen, die ihm helfen, Formulare zu verstehen, Anträge korrekt auszufüllen und ihm erklären, welche Rechte und Möglichkeiten er überhaupt hat.

    Nicht zuletzt möchte Omar verstehen, wie das Bildungssystem in Deutschland funktioniert: Welche Wege kann er einschlagen? Welche Schulformen gibt es? Welche Voraussetzungen braucht er für eine Ausbildung – und wie kann er sie erreichen? Verlässliche Informationen in einfacher Sprache, idealerweise vermittelt durch Menschen, die auf seine Fragen eingehen und ihn ernst nehmen, sind für ihn dabei besonders wertvoll.

    Kurz gesagt: Omar sucht nicht nur nach Informationen, sondern nach Orientierung, Begegnung und Begleitung – in einer neuen Welt, die er erst langsam zu verstehen beginnt.

    Welche Angebote gibt es bereits?

    Für junge Zugewanderte wie Omar gibt es bereits eine Reihe von Unterstützungsangeboten, die ihm den Start in Deutschland erleichtern können. Eine wichtige erste Anlaufstelle ist die IntegreatApp. Sie bietet mehrsprachige, lokal abgestimmte Informationen rund um Themen wie Bildung, Arbeit, Sprache und Alltagsleben – leicht zugänglich über das Smartphone.

    Darüber hinaus gibt es Orte der Begegnung wie das Begegnungscafé oder das Klostercafé, wo Menschen in lockerer Atmosphäre zusammenkommen, Kontakte knüpfen und ganz praktische Unterstützung erhalten – etwa beim Ausfüllen von Formularen oder im Umgang mit Behördenpost. Solche niedrigschwelligen Angebote schaffen Vertrauen und helfen dabei, Hürden abzubauen.

    Integrationskurse, sowohl in Präsenz als auch online, stehen als zentrales Sprachförderangebot zur Verfügung. Sie vermitteln nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch kulturelles Wissen und Orientierung im deutschen Alltag. Ergänzt werden sie durch Integrationslotsen, die individuell unterstützen, begleiten und bei Bedarf auch zu Ämtern oder Beratungsterminen mitkommen.

    Spezialisierte Einrichtungen wie die Merkur Schule vermitteln junge Menschen gezielt in Praktika und schaffen damit eine Brücke zur Arbeitswelt. Für Fragen rund um Ausbildung, Arbeit und finanzielle Unterstützung ist auch das Jobcenter ein wichtiger Ansprechpartner, das unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu Fördermaßnahmen bietet.

    Nicht zuletzt leisten Begegnungszentren einen wertvollen Beitrag zur sozialen Integration. Hier finden kulturelle Angebote, Freizeitaktivitäten und Austauschformate statt – wichtige Bausteine, um sich in der neuen Umgebung zu Hause zu fühlen.

    Diese bestehenden Angebote bilden ein solides Fundament – entscheidend ist jedoch, dass sie besser vernetzt, bekannter gemacht und gezielt auf die Bedürfnisse junger Menschen wie Omar abgestimmt werden.

    Wie informiert sich Omar? Wen wird er fragen?

    Omar orientiert sich vor allem über Menschen in seinem direkten Umfeld. Andere Neuzugewanderte, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sind für ihn eine wichtige Informationsquelle. Sie kennen viele Wege und Stolpersteine bereits aus eigener Erfahrung und geben praktische Tipps weiter – sei es zur Anmeldung in Sprachkursen, bei Behördengängen oder zur Suche nach Freizeitangeboten.

    Auch ehrenamtlich Engagierte spielen eine zentrale Rolle. Sie nehmen sich Zeit, beantworten Fragen, begleiten Omar zu Terminen oder helfen beim Übersetzen. Diese persönliche Unterstützung gibt ihm Sicherheit und schafft Vertrauen.

    Darüber hinaus erhält Omar Informationen über die Schule, etwa durch Lehrkräfte oder Schulsozialarbeit. Besonders in Intensivklassen erfährt er, welche Möglichkeiten es nach der Schule gibt oder wie er Sprachkenntnisse vertiefen kann.

    Nicht zuletzt ist das Begegnungscafé ein Ort, an dem Omar nicht nur soziale Kontakte knüpft, sondern auch Zugang zu praktischen Informationen erhält – oft informell, aber umso hilfreicher. Hier fühlt er sich willkommen und kann Fragen stellen, ohne Angst, etwas falsch zu machen.

    Omar verlässt sich also vor allem auf persönliche, niedrigschwellige Informationswege – digitale Angebote oder offizielle Stellen spielen dabei oft eine untergeordnete Rolle, solange er noch sprachlich oder formal unsicher ist.

    Weiterentwicklung des Bildungsangebots

    Welche Bildungsangebote wünschen Sie sich für Menschen wie Omar? Was wäre hilfreich?

    Um junge Zugewanderte wie Omar besser zu unterstützen, wünschen sich die Teilnehmenden vor allem praxisnahe, erreichbare und langfristig verlässliche Bildungsangebote – sowohl im sprachlichen als auch im sozialen Bereich.

    Ein zentrales Problem ist der Mangel an Lehrkräften, die berechtigt sind, Sprachprüfungen wie das B1-Diplom abzunehmen. Diese Hürde könnte durch niedrigschwelligere Formate oder zusätzliche Qualifizierungsangebote reduziert werden. Gleichzeitig wurde bedauert, dass berufsbezogene Sprachkurse gestrichen wurden – gerade sie wären für Omar ein wichtiger Baustein auf dem Weg in die Ausbildung oder den Arbeitsmarkt.

    Insgesamt wurde deutlich, dass die regionale Verfügbarkeit von Angeboten stark variiert: In Gemeinden wie Wald-Michelbach oder Rimbach fehlen oft grundlegende Bildungs- und Unterstützungsstrukturen. Deshalb wünschen sich die Teilnehmenden mehr wohnortnahe Angebote in den verschiedenen Ortschaften des Kreises.

    Auch digitale Lösungen wurden als Chance benannt: Die Einbindung von Künstlicher Intelligenz könnte Sprachförderung flexibler und individueller gestalten. Dazu passend wurde die Idee eines Kurses zur Nutzung von KI-basierten Sprachtools angeregt – ebenso wie ein Qualifizierungsangebot für Ehrenamtliche, das ihnen hilft, mit schwierigen Situationen sicher umzugehen.

    Neben formaler Bildung sind auch soziale Aspekte von großer Bedeutung. Angebote, die den Aufbau von Freundschaften und sozialen Kontakten fördern, stehen ganz oben auf der Wunschliste. Ergänzend wünschen sich die Teilnehmenden Informationsveranstaltungen für Eltern, die das deutsche Schulsystem und seine Durchlässigkeit verständlich erklären. Gerade für junge Erwachsene über 18 oder Schüler*innen, die in InteA-Klassen kein B1-Niveau erreichen konnten, fehlen häufig passgenaue Anschlussangebote.

    Ein weiterer wichtiger Punkt: geschützte Lernräume, in denen in Ruhe gelernt werden kann, sind vielerorts nicht vorhanden. Auch Unterstützungsangebote für junge Menschen mit posttraumatischen Belastungen werden dringend gebraucht – ebenso wie mehr bezahlbarer Wohnraum, um Perspektiven jenseits der Sammelunterkünfte zu schaffen.

    Die Botschaft ist klar: Damit Omar nicht nur über Angebote informiert ist, sondern sie auch nutzen kann, müssen sie erreichbar, verständlich, alltagsnah und individuell anschlussfähig gestaltet werden.

    Quintessenz: ein Bildungsstandort, der gute Bildung für junge Neuzugewanderte ermöglicht, …

    .. schafft Brücken – zwischen Menschen, Institutionen und Bildungswegen, um Orientierung und Teilhabe zu ermöglichen.

    ... ermöglicht Lernen auch außerhalb der Schule, zum Beispiel durch ruhige Lernräume, soziale Kontakte, Nachhilfeangebote und die Einbindung in Vereine.

    ... informiert transparent über das Bildungssystem und macht bestehende Angebote verständlich und zugänglich.

    ... bietet gezielte Angebote zum Umgang mit Traumata und berücksichtigt die psychische Gesundheit junger Zugewanderter.

    ... stellt Bildungsangebote flächendeckend und wohnortnah zur Verfügung – auch im ländlichen Raum.

    ... fördert die Kooperation über Länder- und Zuständigkeitsgrenzen hinweg, um gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln.

    ... reduziert bürokratische Hürden und vereinfacht Prozesse, damit Unterstützung dort ankommt, wo sie gebraucht wird.

    Moderation: Julia Stechmann, Staatliches Schulamt für den Kreis Bergstraße und den Odenwaldkreis

    Informationen zum Download

Aufgrund einer zu geringen Teilnehmerzahl konnte der Workshop "Bildung in der Nacherwerbsphase" nicht angeboten werden.

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