Zeitungsstapel vor hellem Hintergrund

Ab in die Praxis, ab aufs Land


Kreis Bergstraße (kb). „So ländlich ist es hier ja gar nicht“, zeigte sich Medizinstudent Jamin Spilok überrascht, als er nach Bürstadt kam, um ein Praktikum in der Praxis von Allgemeinärztin Elfi Hoffmann zu absolvieren. Spilok ist Teilnehmer des Pilotprojekts „Landpartie 2.0“, durch das angehende Ärztinnen und Ärzte an den Beruf des Allgemeinmediziners herangeführt werden sollen. Von der gut geschulten und bestens auf die Hospitanz vorbereiteten Ärztin Elfi Hoffmann ist er begeistert, wie er der Ersten Kreisbeigeordneten des Kreises Bergstraße, Diana Stolz, bei ihrem Besuch in der Praxis erzählte. Hoffmann selbst betonte, sie profitiere ebenfalls von ihrem motivierten Praktikanten, da seine Fragen zu ihren Behandlungsmethoden sie zur Selbstreflexion anregten. Nebenbei wurde mit einem Vorurteil aufgeräumt: Als gebürtiger Frankfurter hatte Jamin Spilok nach eigenen Aussagen sehr viel weniger Infrastruktur vor Ort erwartet. Spilok, der im siebten Semester an der Universität Frankfurt Medizin studiert, hat in Bürstadt ein positives Bild von der Allgemeinmedizin gewonnen und zieht eine spätere Tätigkeit als Landarzt in Erwägung.

„Hausärztinnen und Hausärzte haben einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft, unter anderem da sie eine persönliche Beziehung zu ihren Patientinnen und Patienten entwickeln und weit mehr sind als Überbringer von Diagnosen“, ist sich Gesundheitsdezernentin Stolz sicher. „Die gegenwärtigen Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur und der gesundheitlichen Versorgung erfordern allerdings eine Anpassung der Weiterbildungs- und Arbeitsformen im Fach Allgemeinmedizin. Aus diesem Grund setze ich mich in besonderer Weise dafür ein, dass auch zukünftig Hausärzte auf dem Land und wohnortnah praktizieren“, so die Erste Kreisbeigeordnete.

Auch Anna-Lena Heimer nimmt am Programm „Landpartie 2.0“ teil. Auch sie lässt sich in Frankfurt zur Medizinerin ausbilden, sagt aber im Gegensatz zu Spilok von sich: „Ich bin ein echtes Landei.“ Die Rückkehr in den ländlichen Raum schließt die junge Frau schon seit längerer Zeit nicht aus, allerdings hat sich noch nicht auf einen Ort festgelegt. Heimer bewertet das Projekt „Landpartie 2.0.“ als überaus positiv, weil es „echte Einblicke“ in den späteren Berufsalltag eröffnet. „Es ist das erste Mal im Studium, dass ich etwas anwenden kann, das ich im Studium gelernt habe“, freut sich Heimer. Auch ihr Mentor, Dr. Thomas Schlegelmilch, ist von der Zusammenarbeit begeistert.

„Bei meinen Besuchen in den Landpartie-Praxen habe ich durchweg positive Rückmeldungen erhalten – sowohl von den Mentoren als auch von den Studierenden“, betont Diana Stolz. „Das Programm ist ein Schritt in die richtige Richtung und ein erfolgversprechender Weg, Medizinernachwuchs in unsere Region zu holen.“

Hintergrund:

Gemeinsam mit dem Landkreis Fulda und dem Hochtaunuskreis nimmt der Kreis Bergstraße am deutschlandweit einmaligen Projekt „Landpartie 2.0.“ des Instituts für Allgemeinmedizin der Johann- Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt teil. Das Projekt soll dem Medizinernachwuchs die Möglichkeit geben, bereits im Rahmen ihres Studiums die hausärztliche Tätigkeit in ländlichen Regionen kennenzulernen. Aktuell nehmen fünf Hausarztpraxen aus dem Odenwald und dem Ried an der „Landpartie 2.0“ teil. Es ist geplant, dass jährlich fünf Studierende die Arbeit dieser Praxen begleiten, so dass innerhalb von drei Jahren insgesamt 15 angehende Mediziner im Kreis an die Allgemeinmedizin herangeführt werden.

Im Rahmen einer weiteren Kooperation absolvieren auch Studierende der Universität Heidelberg ihr allgemeinmedizinisches Blockpraktikum in Praxen aus dem Kreis Bergstraße. Die Kreisverwaltung unterstützt die Nachwuchsmediziner, indem für ein Jahr Fahrt- und Übernachtungskosten übernommen werden.